Rückenschmerzen – kein Grund aufzugeben!

Wer kennt es nicht? Nach einer längeren Ausfahrt oder einem Training auf dem Ergometer meldet sich der Rücken. Für viele Rudernde gehören Rückenschmerzen leider zur Sporterfahrung dazu – internationale Studien zeigen, dass über die Hälfte aller (Wettkampf-)Rudernden im Laufe eines Jahres damit zu tun haben. Doch bedeutet das gleich aufgeben? Keineswegs! Die aktuelle Forschung gibt uns wertvolle Einblicke, wie wir zuversichtlich damit umgehen können. Viele Sorgen, die sich Rudernde bei Rückenschmerzen machen, sind unbegründet.


Kein Grund zur Beunruhigung

Kleine Seitenunterschiede in der Rumpfmuskulatur sind normal und kein Grund zur Beunruhigung – selbst Spitzenathlet*innen haben diese. Auch ein MRT-Befund mit beispielsweise einem «Bandscheibenvorfall» oder degenerative Veränderungen müssen nicht beunruhigen. Solche radiologischen Befunde sind häufig auch bei beschwerdefreien Menschen zu finden. Das heisst, einmal eine Diagnose «Bandscheibenvorfall» bedeutet in den wenigsten Fällen, das Leben lang Rückenbeschwerden zu haben und nicht mehr rudern zu können. Oft sind es die Angst vor einem Rückfall oder der zu schnelle Wiedereinstieg mit einer erklärbaren vorübergehenden Überbelastung, die eine Rückkehr zum Sport erschweren oder verunmöglichen.


Risikofaktoren

Wir wissen heute, dass Rückenschmerzen beim Rudern in den meisten Fällen keine schwerwiegende Ursache haben. Es gibt jedoch ein paar wichtige und beeinflussbare Risikofaktoren:

  • Zu schnelle Steigerung der Trainingsbelastung
  • Ermüdung während des Trainings
  • Frühere Rückenschmerz-Episode
  • Lange Einheiten auf dem Ergometer (besonders über 30 Minuten)
  • Ungenügende Rudertechnik
  • Vorübergehend reduzierte physische und psychische Belastbarkeit z.B. wegen Infekten, Schlafmangel, Stress

Was wir tun können

Richtige Technik
Regelmässiger Besuch eines Technikkurses, um sich falscher Angewohnheiten bewusst zu werden und sich diese abzugewöhnen.

Beim gesunden Ruderschlag arbeitet der gesamte Körper als Einheit. Die Kraft kommt primär aus den Beinen und wird über einen stabilen Rumpf auf den Durchzug übertragen. Beschwerdefreie Ruder*innen zeigen beim Einsatz eine neutrale oder leicht nach vorne gekippte Beckenposition. Bei Ermüdung nimmt die Flexion (Beugung) der Lendenwirbelsäule zu. Im Gegensatz dazu haben Rudernde mit Rückenschmerzen oft eine stärkere Rückwärtskippung des Beckens.

Achtet besonders am Anfang des Durchzugs auf eine aufrechte Körperhaltung. Eine gute Beckenkippung nach vorne hilft dabei.

Klug trainieren

  • Trainingspartner*innen wählen, die Pausen oder eine kürzere Ausfahrt tolerieren. Dies minimiert das Risiko einer Überbelastung zeitlich und emotional, indem man dem «Druck» der gewohnten Gruppe nicht ausgesetzt ist.
  • Trainingsumfang langsam steigern
  • Bei Ermüdung besonders auf die Technik achten
  • Wenn möglich Wassertraining dem Ergometer vorziehen
  • Ergometer-Einheiten unter 30 Minuten halten

Rumpf stärken
Ein starker Rumpf schützt den Rücken. Regelmässig Übungen für die Rücken- und Bauchmuskulatur in das Training einbauen. Die Rückenmuskulatur dominiert beim Ruderschlag. Die Bauchmuskulatur wird hauptsächlich im Finish (Ende Durchzug und Auslauf) aktiviert.

Schmerzen während des Ruderns

  • Kurze Trainingspause einlegen
  • Rücken lockern (z.B. Boot schaukeln lassen, Becken nach hinten und vorne kippen, Rücken ausdrehen)
  • Langsamer Wiedereinstieg: Belastungssteigerung jeweils plus 10% pro Woche
  • Sich mit Alternativtrainings wie Schwimmen, Radfahren, Walken, Rumpftraining fit halten
  • Gesunde Lebensgestaltung: Genug und gut schlafen, Stress abbauen, gesunde Ernährung und eine gute Work-Life-Balance
  • Bei Bedarf physiotherapeutische Beratung

Was wir heute über Schmerzen am Bewegungsapparat wissen, unterscheidet sich deutlich von früheren Annahmen. Schmerz ist nicht einfach nur ein Schadenssignal, sondern ein komplexes Warnsystem unseres Körpers bei Überlastung. Bei Fragen darfst du dich jederzeit an die Autorinnen wenden.

Charlotte Sattler Kouakou
Physiotherapeutin und Rudertrainerin
Anita Hartmeier
Leitende Physiotherapeutin Bürgerspital Solothurn

Gute und schlechte Haltung im Vergleich.
Einsatz mit leicht nach vorne gekippter Beckenposition. Charlotte Sattler
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